01 February 2017

Bloodlands • Europa zwischen Hitler und Stalin

Meine Wertung

Muss man, kann man, sollte man das lesen?

Der Buchtitel lässt keinen Zweifel darüber, was den Leser auf den 523 Seiten dieses Buches erwartet. In dem abschließenden Kapitel "Zahlen und Begriffe" fasst es Timothy Snyder zusammen: "Die Zählung von vierzehn Millionen Opfern vorsätzlicher Mordmaßnahmen in den Ländern der Bloodlands ist die Summe aus folgenden Annäherungswerten, die im Haupttext und den Anmerkungen dokumentiert werden: 3,3 Millionen Sowjetbürger (hauptsächlich Ukrainer), die in der ukrainischen Sowjetrepublik 1932/33 von der eigenen Regierung vorsätzlich dem Hungertod preisgegeben wurden; 300 000 Sowjetbürger (hauptsächlich Polen und Ukrainer), die von der eigenen Regierung als Teil von rund 700 000 Opfern des Großen Terrors 1937/38 in der westlichen UdSSR erschossen wurden; 200 000 polnische Bürger (meist Polen), die von Deutschen und Sowjets zwischen 1939 und 1941 im besetzten Polen erschossen wurden; 4,2 Millionen Sowjetbürger (hauptsächlich Russen, Weißrussen und Ukrainer), die 1941 bis 1944 von den deutschen Besatzern dem Hungertod preisgegeben wurden; 5,4 Millionen Juden (die meisten polnische und sowjetische Bürger), die 1941 bis 1944 von den Deutschen erschossen oder vergast wurden, und 700 000 Zivilisten (hauptsächlich Weißrussen und Polen), die 1941 bis 1944 von den Deutschen bei 'Vergeltungsaktionen' erschossen wurden, die meisten in Weißrussland und Warschau." Das sind, wie der Autor an anderer Stelle richtig schreibt, nicht nur vierzehn Millionen Opfer, sondern vierzehn Millionen mal ein Menschenleben. "Jeder dokumentierte Tod deutet auf ein einzigartiges Leben, kann es aber nicht ersetzen. Wir müssen fähig sein, nicht nur die Zahl der Toten zu sehen, sondern jedes Opfer als Individuum wahrzunehmen." Ein Leser aber, der diese Fähigkeit hat, wird manches Mal versucht sein, das Buch wegzulegen. Das wäre schade, denn, man muss zwar nicht, aber, wenn man es kann, dann sollte man dieses Buch unbedingt lesen; nicht zuletzt eine Art der Respekterweisung gegenüber den Opfern!

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